Der Artikel „Das ist Wagner, nicht Costa Cordalis! Musiktheater probenethnografisch betrachtet“ erscheint am 14. Oktober 2024 in Struktur und Ästhetik. Interdisziplinäre Perspektiven auf die Darstellenden Künste der Gegenwart, herausgegeben von Thomas Fabian Eder, Angelika Endres, Silke zum Eschenhoff und Benjamin Hoesch, Reihe Forum Modernes Theater 60, ISBN-103-381-11421-2
Es handelt sich bei diesem Band um eine Anthologie der Mitarbeitenden der DFG-Forschungsgruppe „Krisengefüge der Künste. Institutionelle Transformationsdynamiken in den darstellenden Künsten der Gegenwart.“
» 1 Wagner überall
Richard Wagner als Komponist, aber auch als (musik-)historische Figur ist in den unterschiedlichsten diskursiven Kontexten omnipräsent. Prominentes und besonders bizarres Beispiel dafür ist nicht zuletzt die Namensgebung der russischen Söldner-Truppe Wagner, die in der jüngeren Vergangenheit durch ihre Beteiligung am Überfall auf die Ukraine durch Russland wiederholt in der Kriegsberichterstattung auftauchte. Der erste Anführer der paramilitärischen Gruppe Dmitri Walerjewitsch Utkin – glühender Verehrer Adolf Hitlers, der bekanntermaßen wiederum Wagner glühend verehrte – trug selbst den Kampfnamen Wagner, was für die von ihm angeführte private Einheit der Söldnergruppe Slawisches Korps namensgebend wurde. Selbst das Reality-TV-Format Love Island bezog sich in seiner 8. Staffel (2023) überaus selbstironisch und im Bewusstsein der Diversität seines eigenen Publikums auf den Kontext Wagner, wenn es ein kompetitives Spiel der Kandidat:innen gegeneinander so ankündigt: „Die Love Island Challenges: Im deutschen Feuilleton rangieren sie gleichauf mit Wagner in Bayreuth, nur dass unsere Walküren die besseren Bikinis tragen.“
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So geht hier die inhaltliche Frage nach den Gründen für die Omnipräsenz von Wagners Ring zusammen mit dem Erkenntnisinteresse an den Zusammenhängen von strukturellen Bedingungen und ästhetischen Produkten auf in der Suche nach alternativen Methoden für eine musiktheaterwissenschaftliche Untersuchung des Felds. Den Fokus dabei nicht zentral auf Aufführungen zu legen, sondern sich mit Prozessen ihrer Entstehung auseinanderzusetzen und sich somit der Probe bzw. der Probenprozessforschung zuzuwenden und sie für diese Fragenstellungen fruchtbar zu machen, war der Ausgangspunkt dieser Suche. «