Unter dem Titel „Die Ausweitung des Ringgebiets“ hat Dr. Ulrike Hartung einen Beitrag über das Braunschweiger Ring-Projekt in Die deutsche Bühne (08/23) veröffentlicht. Neben einem vielseitigen Rahmenprogramm, das zu großen Teilen vom Jungen Staatstheater verantwortet wurde, bot das Musiktheater „Das Rheingold“, das Schauspiel „Die Walküren“ und das Tanztheater „Siegfried – Eine Bewegung“ dar. „Die Götterdämmerung“ wurde von den letztgenannten drei Sparten gestaltet, wobei nicht der „vermeintlich einfachste Weg gewählt und […] zum Beispiel nach Akten an Sparten vergeben [wird]. Musiktheaterdramaturgin Sarah Grahneis zerlegt in einem komplexen Prozess das Stück vielmehr nach dramaturgischen Gesichtspunkten und diagnostiziert erzählerische wie musikalische Bögen, für die sich wiederum aus dem vierköpfigen Regieteam (Beatrice Müller, Isabel Ostermann, Dagmar Schlingmann, Gregor Zöllig) individuelle Verantwortlichkeiten herausbilden. […]
Gerade das spartenübergreifende Konzept, das (nicht nur) für die Oper zu radikalen Schritten bereit ist, scheint hier aufzugehen. Zuschauer:innen, die sich normalerweise für den Tanz begeistern, treffen auf solche, die noch nie im Musiktheater waren; Schauspielinteressierte kommen ins Gespräch mit Musikbegeisterten. Darin liegt ein kaum zu überschätzendes Moment der viel beschworenen gemeinschaftsbildenden Kraft des Theaters. Das enorme Wagnis einzugehen, sich und den Apparat nicht in erster Linie in den Dienst von Wagners Stück zu stellen, sondern dieses als Material zu begreifen und sich dessen in vielfältigster Weise zu bedienen, wird belohnt. Dass massive Eingriffe in Opern automatisch und ausschließlich zu Publikumsverprellung führen, widerlegt dieses Projekt anschaulich.
Dabei sind die stärksten Momente immer die, in denen zwei oder mehr Sparten aufeinandertreffen. “
Foto: Bettina Stöß